Mittwoch, 1. Juni 2011

Ode an die Petergruppe


I love my Petergruppe. Die Petergruppe heißt eigentlich Pekipgruppe, aber meine Freundinnen fielen in kollektives, fast schon hysterisches Gelächter, als ich ihnen, als L. noch ein Baby war, erklärte, ich ginge jetzt mit L. in eine Pekipgruppe. "Waaas? Ne Petergruppe????" Sie waren eben noch keine Mamas. Und das Wort "Pekip", das eigentlich eine Abkürzung für "Prager Eltern Kind Programm" ist, trennt die Menschheit im Moment des Ausspruchs in Mütter und Nichtmütter - sofort. Jede Mutter weiß, was gemeint ist. Jede Nichtmutter schüttelt den Kopf über die eigenartigen Vokabeln, mit denen die Neumutter, die sie kennt, nun auch noch rumhantiert- neben anderen eigenartigen Wesensveränderungen wie Weißweinschorlenabstinenz und Nah -Am -Wasser Gebautsein (nagut, bei mir war letzteres keine Wesensänderung. Aber dazu ein anderes Mal mehr). Nja, wie es auch sei. Viele Weinschorlen zuviel, und aus Pekip wurde unter hyänenhaftem Gelächter ein Peter. Eine Petergruppe.

Nun war es streng genommen gar keine Pekipgruppe, die ich mit L. besucht habe. Pekip ist nämlich ein geschütztes Markenzeichen und Pekip-instructor dürfen sich nur speziell geschulte Menschen nennen. Pekip zeichnet sich, soweit ich das inzwischen verstanden habe, vor allem dadurch aus, dass die Babies bei ihren Babytreffs nackig herumliegen und später herumrobben und -krabbeln. Damit sie sich beim Turnen "fühlen" und ein gutes Körperbewusstsein bekommen. Irgendwie ist beim Pekip auch gerne alles ein bisschen alternativ und man bastelt sämtliches Spielgerät, das in den Kursräumen liegt, unbedingt selbst, aber ob das wirklich die Essenz des Programms ist oder sich in Deutschland- von den Pragern ggf. gar nicht so geplant- einfach so entwickelt hat, keine Ahnung. Aber irgendwie benutzt eben jeder diesen griffigen Ausdruck Pekip für das, was er im ersten Lebensjahr mit dem Nachwuchs an Aktivitäten unternimmt, sei es nun Glückskäfergruppe, Picklertreff, Großes Krabbeln oder sonstwas. Und so nehmen auch wir in unserer Petergruppe, beispielsweise in Emails, immernoch Bezug auf "Pekiptreffen". Eigenartig, aber wahr.

Bei uns hieß der betreffende Kurs schlicht "Babygymnastik". Die Babes durften die Pampers und im übrigen auch die Bodies anbehalten, weil unsere Vorturnerin der Ansicht war - und ist-, dass die Kleinen gerne eine schützende Hülle um sich haben - eine These, die ich gut nachvollziehen kann, denn ich finde nackt turnen auch doof. (Und alle 10 min eine vollgepieselte Turnmatte abwischen im übrigen auch).

Naja und in unserem rosa gestrichenen entzückenden Kursraum passierte es, dass sich 6 Frauen und Babies trafen und es irgendwie "Klick" machte. Nicht sofort, aber doch schnell. Es war einfach so, dass neben gewissen Ähnlichkeiten (gleiches Alter, lauter Erstgebärende) einfach auch die Chemie stimmte. Und seit dieser Zeit, seit L. knapp 4 Monate war, treffen wir uns einmal die Woche und aus Pekipbekannten sind Mamafreundinnen geworden.

Wir haben die ersten, oft stressigen Lebensmonate mit unseren Erstgeborenen zusammen erlebt- und soviel, was danach kam. Wir kennen uns und unsere Kids. Nicht nur wird ein neuer Haarschnitt, eine Beule oder ein paar neue Schuhe der Kleinen sofort erkannt (und angesprochen), sondern auch jeder Fortschritt gefeiert. Wir wissen, wer von den Kleinen bei unseren Treffen erstmal ankommen muss und wen man sofort ins lauteste Getöse ins Kinderzimmer weiterschicken kann. Wir wissen, wer Angst vor Gustel, dem Hund, hat und wer cool ist. Wir scheuen uns nicht, auch mal die anderen Blagen "mitzuerziehen", wenn es nötig ist und Mama gerade nicht guckt oder mit den kleinen Geschwistern beschäftigt ist- und Mama ist darüber auch nie böse. Wir besprechen die Papaperformance unserer Männer, die Urlaubsplanung und die Wetterlage- wie es gerade eben so passt. Jede neue Schwangerschaft (und davon gab es ein paar) wurde und wird mit Getöse begrüßt und gefeiert und mit einem Champagnerritual in die Geburt verabschiedet. Und wir sind ganz einfach füreinander da, wenn es nötig ist. Jeder einzelnen meiner Mamafreundinnen würde ich ohne zu zögern meine Kinder übergeben, wenn ein Notfall mich zwingen würde, sie kurzfristig abzugeben. Und jedes einzelne ihrer Kinder würde ich sofort in meine Obhut nehmen. Und das ist verdammt gut zu wissen.

Ich mag "meine" Pekipkids so sehr. Da ist der flachshaarige L., außer meinem L. der einzige Junge . Er war das ausgeglichenste und liebste Baby und ist immernoch ein ruhiger, entspannter Zeitgenosse- der sich allerdings, bestimmt auch unter dem Eindruck von zwei kleinen Brüdern, jetzt nicht mehr ohne weiteres die Butter vom Brot nehmen lässt und zunehmend selbstbewusst durch seine Welt marschiert. Dann haben wir A., die Anhängliche, die irgendwann einmal bei "Wetten Dass" 121 Bekannte an der Form des Ohres erkennen wird (sie zupft allen, die sie mag, so gerne am Ohrläppchen). A. liebt Sesamstrasse, Smarties und Zwieback (aber nur mit Schokolade). A. ist blond, wird aber für mich immer braunhaarig sein, weil sie eben als Baby braunhaarig war. F. ist eine freche Rübe, aber nur nach außen, ansonsten ist sie sehr sensibel. Sie hängt so an ihrer Mama und muss immer erst auftauen, wenn sie zum Spielen kommt, dann legt sie aber richtig los. F. mag meine Butterbrote besonders gerne (juchhu) und hat eine entzückende Zahnlücke. C. ist unser Sprachtalent, das schon mit anderthalb "Krokodil" sprechen konnte- und das zweisprachig. Sie beschäftigt sich gerne mit sich selbst und hat sich lange schwergetan, ihr Spielzeug zu teilen. Als bald zweifache große Schwester ist das aber nun kein Thema mehr. C. ist das einzige Kind, das ich kenne, das beim Grillen keine Würstchen mag und lieber Fisch essen möchte. Und dann gibt es noch die von L. schon als Baby innigst geliebte KL, die ohne zu übertreiben mit 9 Monaten laufen konnte, als der Rest der Truppe bestenfalls so eben krabbelte. Sie ist immer ein Wirbelwind geblieben, allerdings das sauberste Wirbelwindchen, das ich kenne. Kam KL mit einem weißen T-Shirt zum Spielplatz, war das T-Shirt nach anderthalb Stunden immernoch weiß. Wie das geht, ist bis heute das gutgehütete Geheimnis von KL´s Mama U. Ich für meinen Teil werde es nie begreifen. KL ist leiderleider vor einem Jahr mit ihrer Mama, Papa und Brüderchen anderthalb Autostündchen weit weggezogen, wird aber hier von ihren Freunden (insbesondere von ihrer besten Freundin C.) immernoch heiß vermisst. Auch mein L. spricht immernoch und immer wieder von KL, und wenn wir uns mal sehen, läuft L. mit Herzchen in den Augen- wie schon als ganz kleines Baby- hinter ihr her. Ich glaube, sie ist seine erste Liebe.

Alle unsere Kleinen sind inzwischen große Geschwister und Kindergartenkinder und allen hat, soweit ich das beurteilen kann, beides gut getan. Es ist großartig, diese Kinder Woche für Woche zu sehen und ihre Entwicklung beobachten zu dürfen.

L. liebt seine Freunde. Und jeder, der behauptet, Dreijährige sind noch nicht zu Freundschaft fähig, hat meiner Meinung nach keine Ahnung. Dass KL auch nach einem Jahr noch sehr präsent ist, liegt sicher z.T. auch an uns Mamas, aber eben nicht nur. L. fragt jede Woche, wenn eins der Kinder fehlt : "Wo ist denn X ??? X soll aber auch dabei sein...."

Das gibt mir Hoffnung für L. und sein Jahr Petergruppenabstinenz. Bei dieser Gruppe tut es mir besonders leid, ihn herausreißen zu müssen.

Mag aber auch an meinen eigenen Gefühlen liegen. Liebe Mädchen, Euch jede Woche zu treffen, über schlaflose Nächte, anstrengende Tage, Schwiegermonster oder sture Ehemänner zu klagen, sich an den Kurzen, unseren Erfolgen, einem neuen Kleid oder nur dem Sonnenschein zu freuen, mindestens 3 Kaffee Latte zu trinken und immer ganz ganz viel zu lachen, wird mir mehr fehlen, als ich sagen kann. Haltet mir ein Plätzchen frei. Und kommt mich besuchen!


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen